
Seit »Ich bin Gideon« letztes Jahr auf englisch erschienen ist, wollte ich es unbedingt lesen. Auf dem englischen Buchmarkt wird dieses Buch nämlich mit den Worten “lesbian necromancers in space” beschrieben und wenn einen das nicht neugierig macht, dann weiß ich auch nicht. Allerdings habe ich aufgrund des Preises etwas mit mir gehadert und als dann die deutsche Ausgabe, die etwas erschwinglicher ist als die englische ist, rauskam, schien mir das der perfekte Zeitpunkt um endlich zu »Ich bin Gideon« zu greifen.

Gideon Nav hat ihr Leben auf dem Planeten des neunten Hauses mehr als satt, was mehrere Fluchtversuche beweisen. Als auch ihr neuester Plan schief geht und sie geschnappt wird, macht ihr Harrowhark, die beim neunten Haus das Sagen hat und Gideon so gar nicht leiden kann, ein Angebot: Wenn Gideon sie als Kavalierin zum ersten Haus begleitet und ihr hilft die Prüfungen zu bestehen, welche Harrow meistern muss um Lyctorin zu werden, bekommt Gideon ihre Freiheit geschenkt. Beim ersten Haus angekommen merken die beiden dann jedoch recht schnell, dass der Wettkampf weitaus tödlicher ist als angenommen und sie wohl oder übel zusammenarbeiten müssen, wenn sie nicht auch das Zeitliche segnen wollen.

Meine Vorfreude auf »Ich bin Gideon« war riesig und obwohl ich sehr durchwachsene Meinungen gehört habe, waren auch meine Erwartungen gigantisch. Ich meine, es klingt einfach genial.
Nach den ersten paar Seiten kam dann allerdings erstmal die Ernüchterung.
Ich fand den Schreibstil anstrengend und war anfangs sehr irritiert, was den Weltenbau angeht. Viel erklärt wird einem nämlich nicht. Die Autorin überlässt es vielmehr dem Leser nach und nach zu lernen, wie Gideons Welt funktioniert. Das hat mich zunächst sehr geärgert, weil ich ungefähr zweihundert Seiten gebraucht habe, bis ich endlich das Gefühl hatte zu verstehen was eigentlich abgeht in dieser Welt. Als ich über diesen Punkt allerdings hinaus war, konnte ich das Buch richtig genießen und es gefiel mir von Kapitel zu Kapitel besser. »Ich bin Gideon« ist ein Buch, das ein wenig Durchhaltevermögen von einem fordert, aber das ist es dann auch wert, wie ich finde.
Etwas, das es mir anfangs ebenfalls etwas schwer gemacht hat – trotz der Übersicht zu Beginn des Buches -, waren die vielen Figuren. Ich weiß nicht wieso, aber ich konnte mir die meisten Namen einfach nicht merken und musste immer und immer wieder nachschauen, wer eigentlich zu wem und welchem Haus angehört. Allerdings war ich sehr dankbar, dass die Übersicht vorne im Buch zu finden war und nicht hinten, denn da hätte ich sie sicherlich erst nach dem Lesen entdeckt.
Aber auch das wurde nach und nach besser, zumal die Figuren weniger werden. »Ich bin Gideon« ist nämlich unter anderem eine typische “Wer war’s?” Geschichte. Da ich sowas sehr gerne lese und vor allem auch gerne miträtsele. Etwa ab der Hälfte des Buches gab es für Gideon und Harrow praktisch keine ruhige Minute mehr und ich habe diese Schnelllebigkeit der Geschichte nach dem etwas zähen Anfang sehr genossen. Gespickt mit einigen typischen Elementen aus Fantasyromanen – hauptsächlich die wiederkehrenden Schwertkämpfe, die ich im übrigen richtig gelungen fand; Kampfszenen sind immer hit oder miss für mich – bringt Tamsyn Muir mit dem düsteren Setting und nekromantischen Elementen doch auch einiges Neues, das ich in dieser Konstellation noch nicht gelesen habe. Ich fand die verschiedenen Formen von Nekromantie, die die Häuser ausüben, richtig interessant und hätte gerne fast noch mehr dazu erfahren. Aber dazu gibt es dann ja einen zweiten und dritten Band, in dem hoffentlich noch etwas Klarheit kommt.
Und jetzt habe ich ganz viel zu der Handlung gesagt, aber noch gar nichts zu der Namensgeberin des Buches: Gideon.
Mir ist Gideon ziemlich schnell ans Herz gewachsen. Sie ist in vielerlei Hinsicht keine typische Protagonistin für einen Fantasyroman. Sie ist frech und vorlaut, schimpft und mit Regeln hat sie es auch nicht so. Ich fand Gideon und ihre unverfrorene Art sehr erfrischend und habe total gerne aus ihrer Sicht gelesen. Ein wenig hat sie mich an Mia aus Jay Kristoffs »Nevernight« Reihe erinnert, aber das mag auch einfach an der etwas “gröberen” Sprache liegen, die diese Bücher gemein haben. Und wo wir gerade bei Sprache sind: Ich bin so im Nachhinein sehr froh, dass ich dieses Buch auf deutsch gelesen habe und nicht auf englisch, denn gerade mit einigen Fantasy-Fremdworten und den recht langen Sätzen, fand ich es schon auf deutsch recht anstrengend zu lesen stellenweise. »Ich bin Gideon« ist ein Buch, bei dem man sich nicht berieseln lässt, sondern bei dem man ein wenig aufpassen muss, aber ich mochte das sehr.
Abschließend bleibt eigentlich gar nicht viel zu sagen, außer, dass ich mich nach dem Ende – so fies! – sehr auf den zweiten Band freue, der auf englisch im August erscheinen wird.

Ich hatte so meine Startschwierigkeiten, aber je weiter ich gelesen habe, desto mehr konnte »Ich bin Gideon« mich packen und letztendlich mochte ich es die letzten zweihundert Seiten kaum mehr aus der Hand legen, weil es so spannend wurde. Mit dem Ende habe ich so nicht gerechnet, was auch nicht allzu häufig vorkommt und dementsprechend ebenfalls ein großer Pluspunkt für mich ist. Gideon ist keine einfache Hauptperson, aber dafür mochte ich sie nur umso lieber. Wer also gerne auch etwas düsterere Fantasyromane liest, der sollte sich »Ich bin Gideon« auf jeden Fall mal anschauen.

Autor/in: Tamsyn Muir
Seiten: 608
Verlag: Heyne Verlag
Sprache: Deutsch
Übersetzung: Kirsten Borchardt
Reihe: 1 von 3
Wertung: 4 Sterne
* Vielen Dank an den Heyne Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!
Hallo Katharina,
düstere Fantasy und ich dachte an Sci-Fi. Frag mich nicht, warum.
Klingt außergewöhnlich und nix für weiche Mädchen wie mich. *lach
Schon allein, wenn es um Nekromantie geht, bin ich wahrscheinlich raus, obwohl ich neugierig bin, wie es mit den Häusern aussieht. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie vielseitig das eingesetzt werden kann.
Danke für die Vorstellung.
Liebe Grüße
Tina