
Dieses Buch zu kaufen war eine absolute Spontanentscheidung, als ich letztens endlich mal wieder in einer Buchhandlung war und das auch nicht deshalb, weil mich Cover oder Klappentext so angesprochen haben – haben sie ehrlich gesagt nicht -, sondern weil es dauernd auf Instagram sehe und jeder dieses Buch liebt. Da kann ich nie nein sagen, selbst wenn ich glaube, dass es nicht mein neues Lieblingsbuch wird. Aber ich bin offen an Matildas & Anthonys Geschichte rangegangen! (Übrigens mag ich den Namen Matilda sehr.) Ich war absolut bereit mich positiv überraschen zu lassen.
In Try & Trust geht es um Matilda, die zwar gerne Spaß hat, aber nicht auf der Suche nach einer Beziehung ist und Anthony, der etwas mit Matildas Mitbewohnerin Briony anfängt. Da Matilda denkt, dass Anthony es sowieso nicht ernst mit Briony meint opfert sie sich für ihre Freundin und bietet Anthony, der Künstler ist, einen Deal an: Wenn er mit Briony Schluss macht darf er ein Aktbild von Matilda malen.
Klingt kompliziert? War es auch.
Eigentlich hätte ich mir nach dem Klappentext schon denken können, dass ich Matilda nicht sonderlich mögen werde, denn was sie mit Briony und Anthony abzieht fand ich einfach nicht in Ordnung. Ja, ich verstehe, dass sie sich Sorgen um Briony macht und diese beschützen möchte, aber damit, dass sie zu Anthony geht und diesen überredet ihre Freundin in Ruhe zu lassen übertritt sie finde ich eindeutig eine Grenze. Gut, dachte ich mir. Wir sind aber ja auch erst am Anfang der Geschichte. Das war zwar schon das zweite Mal, dass sie sich gegenüber Briony innerhalb kürzester Zeit übergriffig verhalten hat – tatsächlich steigt man gleich so in die Geschichte ein -, aber naja. Ist ja letztendlich immer gut, wenn man zu Beginn schon die Fehler der Figuren sieht und dass Raum für Entwicklung ist. Dementsprechend fand ich Matildas Verhalten am Anfang doof, ja, aber habe sie noch nicht gleich abgeschrieben.
Anthony wiederum war mir von Anfang an sehr sympathisch; man liest sowohl aus seiner als auch Matildas Sicht und er war definitiv der Sympathieträger unter den beiden. Man bekommt am Anfang mit, dass er Briony wirklich gut behandelt, weshalb ich absolut nicht nachvollziehen konnte, was Matilda gegen ihn hatte. Ich habe zugegeben den ersten Band der Reihe nicht gelesen und weiß demnach nicht, ob da irgendetwas vorgefallen ist, was Matilda Anthony immer anschnauzen lässt, aber ich fand auch hier ihr Verhalten wieder nicht in Ordnung. Beziehungsweise habe ich nicht verstanden, wieso Anthony sich das auch noch gefallen lässt.
Matilda ist – wie man dem Klappentext schon entnehmen kann – Männern gegenüber generell sehr negativ eingestellt. Hat sie einen Grund dafür? Jein. Also schon, aber ich fand ihre Reaktion/ihr Verhalten trotzdem etwas überzogen. Ist aber auch Ansichtssache und ich will einer fiktiven Figur natürlich nicht erzählen, was sie fühlen darf, aber es war für mich einfach nicht nachvollziehbar, wieso Matilda wegen dieser einen Sache war wie sie eben war. Und wieso sie Anthony so schlecht behandelt hat, der immer nur nett zu ihr war. Sie verurteilt ihn permanent dafür, dass er angeblich mit vielen Frauen schläft, wenn sie selbst nichts anderes macht. Matilda sucht sich Männer für eine Nacht und das war’s. Bei ihr ist das anscheinend okay, aber bei Anthony nicht?
Letztendlich sieht Matilda dann irgendwann zwar doch, dass er ihr nichts Böses will, aber das dauerte wirklich seine Zeit. Slow Burn kann ganz schön sein, ging mir hier aber eher auf die Nerven, weil ich Matilda einfach nicht verstehen konnte. (Wir sehen schon, Matilda ist eigentlich mein Hauptproblem mit Try & Trust.)
Der Umschwung von »Er ist so ein Arsch« zu »Oh, er ist immer nett zu mir« ging mir dann etwas fix und auch bei dem Ende hätte ich mir letztendlich gewünscht, dass die Rollen vertauscht wären. (Verdammt, es ist so schwer über dieses Buch zu reden ohne zu viel zu sagen. So schwer.)
Matilda hatte wie gesagt sehr viel Luft nach oben was Charakterentwicklung anging, aber davon hat man nicht so arg viel gesehen. Leider. Bis zum Schluss hatte ich das Gefühl sie hat nicht wirklich verstanden, dass sie bei Briony eine Grenze überschritten hat, auch wenn sie von Schuldgefühlen geplagt war. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es bei Matilda so richtig Klick gemacht hat, dafür war das Ende zu kurz/offen. Da hätte ich gerne mehr gesehen.
Ebenfalls etwas, das ich anders empfinde als gefühlt so viele andere, die dieses Buch feiern, ist dass es unter den Schlagworten Feminismus und Sex Positivity steht, das erwähnt die Autorin selbst in der Danksagung.
Gerade letzteres sehe ich ein wenig anders, ehrlich gesagt. Matilda schläft regelmäßig mit wechselnden Männern, was natürlich völlig okay ist – jeder wie er mag! Und die WG redet auch sehr offen über das Sexleben der jeweils anderen, es wird gefühlt alles geteilt. Auch hier, jeder wie er mag. Ich fand’s etwas überzogen, aber ist okay.
Aber es wird im Buch so deutlich, dass Matilda eben nicht mit so vielen Männern schläft, weil sie Spaß daran hat, sondern weil das ihr coping mechanism ist um keine Gefühle zuzulassen. Sie tut das nicht, weil ihr das gut tut, sondern weil sie glaubt, dass sie damit besser klarkommt, als wenn sie Gefühle für jemanden zulässt. So ganz gesund klingt das finde ich nicht, oder? Und ja, Matilda sieht das im Laufe der Geschichte etwas ein, aber ich wünschte die Autorin wäre hier noch deutlicher geworden und hätte Matildas Verhalten nicht unter den Begriff Sex Positivity gefasst, weil das ist es für mich einfach nicht. Aber das mag man auch anders sehen, ich habe es jedenfalls aber so empfunden.
Und jetzt habe ich ganz viel gemeckert und noch gar nichts Positives gesagt, das kann natürlich so auch nicht stehen bleiben, denn natürlich war nicht das ganze Buch schlecht.
Zum Beispiel mochte ich insgesamt die Freundschaft zwischen Matilda und Briony trotzdem und immer wenn Matilda und/oder Anthony über Kunst geredet haben und auch der Schreibstil war toll. Ich bin nicht abgeneigt dem dritten Band dieser Reihe um die WG in Soho eine Chance zu geben, Briony fand ich als Nebenfigur hier nämlich schon sehr spannend!