
Selten habe ich zu einem Thriller gegriffen, der so einen spannenden Aufhänger hatte – und wurde dann doch ein klitzekleines bisschen enttäuscht. Hält das Buch was der Klappentext verspricht? Irgendwie schon. Ich war zu Beginn sehr gefesselt und wollte unbedingt wissen, was es mit dieser ungewöhnlichen Geschichte auf sich hat. Leider war das Ganze dann schließlich aber doch etwas zu leicht zu durchschauen gewesen für mich.
*Vielen Dank an das Bloggerportal und den Heyne Verlag für das Rezensionsexemplar!

Obwohl ich durchwachsene Meinungen zu »55« gelesen habe, bin ich mit sehr hohen Erwartungen an dieses Buch rangegangen. Ich hatte gehofft mit »55« einen Thriller gefunden zu haben, der mich herrlich in die Irre führen wird und bei dem ich nicht weiß wo oben und unten ist.
Zwar war die Geschichte mit Heath und Gabriel sehr seltsam, aber ich hatte nach den ersten Kapiteln bereits eine Vermutung, wer hier lügt und wer nicht und lag damit dann auch richtig. Ich hätte mir gewünscht, dass die Geschichte ein wenig undurchsichtiger gewesen wäre, dass der Autor nicht zu Beginn gleich so viele Hinweise eingestreut hätte. Aber gut, nichtsdestotrotz habe ich die ganze Zeit gespannt weitergelesen, um zu schauen ob ich auch tatsächlich Recht behalte. Es war also nicht so, dass »55« mich nicht gepackt hat – aber die Auflösung war halt dann doch etwas enttäuschend.
Sehr positiv überrascht hat mich dafür wie gerne ich den Ermittler Chandler mochte. Ich muss zugeben, ich bin immer etwas skeptisch bei klassischen Krimis, denn es gibt doch so ein paar Klischees, die bei mittelalten weißen Männern in der Hauptperson gerne bedient werden. Chandler fand ich allerdings erstaunlich sympathisch als Hauptfigur, was vielleicht auch daran gelegen hat, dass er im Gegensatz zu seinem Vorgesetzten einfach gut wegkommen musste, der war nämlich ziemlich gemein und unfair. So ganz habe ich ehrlich gesagt immer noch nicht verstanden, was da eigentlich das Problem war, wieso die Figuren nicht miteinander klar kamen/der eine so unsympathisch geworden ist, aber das ist etwas, was mich nicht groß gestört hat. Eher im Gegenteil, denn wie gesagt wurde dadurch die Hauptfigur sympathischer, aber ich fand auch spannend zu sehen, wie dieser Konflikt die Ermittlungen beeinträchtigt hat.
Grandios fand ich weiterhin das Setting. »55« spielt, auf gut deutsch gesagt, am Arsch der Welt. Die Handlung spielt sich in einem kleinen Dorf im australischen Outback ab, wo gefühlt nichts lebensfähig ist und kaum jemand freiwillig leben möchte. Diese Abgeschiedenheit fand ich sehr spannend und vor allem auch die Beschreibungen der Umgebung. »55« hat zwei Zeitstränge, wovon sich bei einem viel im Outback bewegt wird.
Allerdings fand ich die zwei Zeitstränge auch sehr unglücklich. Erst, weil ich nicht verstanden habe, wieso ich diese Rückblicke bekomme und immer wieder das Gefühl hatte unnötig aus der eigentlichen Story rausgerissen zu werden und später dann, weil dadurch das Ende etwas zu einfach, zu vorhersehbar geworden ist.

»55« hat meine Erwartungen also nicht vollkommen erfüllen können. Zwar konnte ich das Buch nicht aus der Hand legen und wollte unbedingt wissen wie die Geschichte ausgeht, aber ich hätte mir ein bisschen mehr Plottwists gewünscht. Ich wäre gerne noch mehr in die Irre geführt worden.
Das Buch war also nicht ganz das, was ich mir von dem Klappentext erhofft habe, aber es war durchaus ein solides Debüt und ich werde den Autor definitiv im Auge behalten. Ich könnte mir vorstellen, dass mir weitere Bücher von ihm gut gefallen könnten.