
Ich hatte schon seit dem Erscheinen der englischen Ausgabe ein Auge auf »Ich bin Circe« geworfen, denn bereits Madeline Millers Debüt »The Song of Achilles« war sprachlich ein absolutes Meisterwerk und außerdem lese ich so gerne über die griechische Mythologie, dass ich es eigentlich gar nicht erwarten konnte das Buch in die Finger zu kriegen. Warum ich es jetzt erst lese? Gute Frage. Irgendwie kam immer ein anderes Buch dazwischen, aber als ich gesehen habe, dass das Buch nun auch auf deutsch erschienen ist wusste ich, dass ich es endlich lesen muss. Umso glücklicher war ich, dass ich das Buch via Netgalley als Rezensionsexemplar bekommen habe: In dem Sinne vielen Dank an den Eisele Verlag.

Der Titel ist Programm und mehr muss man meiner Meinung nach auch gar nicht wissen. Es geht sehr grob gesagt um Circe, die in einigen griechischen Mythen vorkommt. In »Ich bin Circe« bekommt man nun ihre Geschichte aus ihrer Sicht erzählt.

Wie gesagt hat mir schon Millers Erstlingswerk sehr gut gefallen – auch, wenn ich das endlich mal zu Ende lesen muss; ich fand es grandios, als ich es gelesen habe, nur war es irgendwie nicht der richtige Zeitpunkt und ich sollte das Buch endlich mal wieder zur Hand nehmen – und so waren meine Erwartungen an »Ich bin Circe« ziemlich hoch, zumal das Buch im englischsprachigen Raum bereits wieder sehr viel gute Kritiken eingeheimst hat.
Dementsprechend war ich etwas enttäuscht, als der Anfang mich nicht sofort packen konnte. Ich bin mir nicht sicher ob es an der deutschen Übersetzung liegt oder ob ich »The Song of Achilles« vom Schreibstil wirklich schöner fand, aber irgendwie hatte ich ein wenig Schwierigkeiten zunächst. Was nicht heiß, dass das Buch schlecht geschrieben ist, nur war der Schreibstil letztendlich nichts, was mich vom Hocker gehauen hat, was ich anders erwartet hätte. Aber nun gut, wie gesagt, »Ich bin Circe« ließ sich dennoch flüssig lesen, es war nur kein Buch, in dem ich das Bedürfnis hatte viele Zitate zu markieren, was aber ja per se nichts Schlechtes ist.
Im Vorfeld wusste ich beinahe gar nichts über Circe, mir war so als wäre sie in einem der Percy Jackson Bücher aufgetaucht und hätte die Männer auf ihrer Insel in Meerschweinchen verwandelt, aber das war es dann auch schon mit meinem Wissen über unsere Erzählerin. Allerdings muss man wenn man dieses Buch liest eigentlich auch gar nichts vorher über Circe wissen, denn ihre Erzählung beginnt am Anfang ihres Lebens, wie sie als Nymphe nie so wirklich dazugehörte und wie es schließlich zu ihrer Verbannung kam.
Dabei fand ich gerade den Anfang etwas zäh, es wurden sehr viele Nymphen und Götter erwähnt, die mir zwar irgendwie etwas gesagt haben, aber wie genau alles zusammenhing war dann doch etwas viel. Der Anfang ist sehr voll beladen mit Informationen, die ich mir sicherlich nicht alle gemerkt habe und dadurch dauerte es etwas, bis Circes Geschichte an Fahrt aufgenommen hat.
Ich glaube nach etwa dem ersten Drittel hatte Circe mich dann doch um den Finger gewickelt und ich folgte ihrer Geschichte gespannt. Zwar gab es zwischendrin immer mal wieder Momente, an denen ich das Buch kurz zur Seite gelegt habe, weil es mich in dem Augenblick nicht so gefesselt hat, aber letztendlich bin ich dann doch immer zügig zu Circe auf ihre Insel Aiaia zurückgekehrt.
Was mich… nicht direkt gestört hat, aber ich glaube eben dafür gesorgt hat, dass das Buch seine Hochs und Tiefs für mich hatte, war, dass wir von Anfang bis Ende ganz linear Circes Leben verfolgen. Für mein Empfinden war der Spannungsbogen dadurch eher untypisch, eben weil man über einen so großen Zeitraum liest.
Immer wieder habe ich mich beim Lesen gefragt, wohin dieses Buch mich handlungstechnisch wohl führt, denn wie gesagt habe ich nur wenig Vorwissen mitgebracht. Umso interessanter fand ich es dann aber, dass immer wieder Figuren aus der griechischen Mythologie aufgetaucht sind, die in Circes Leben mal kleinere, mal größere Rollen gespielt haben, mit denen ich etwas anfangen konnte. Da Circe unsterblich ist begegnet sie im Laufe ihres langen Lebens einigen bekannten Gottheiten und Helden und nicht alle waren das, was ich von ihnen erwartet habe, was ich sehr spannend fand. Madeline Miller hat großartige Arbeit damit geleistet mit »Ich bin Circe« einen neuen Blick auf bekannte Figuren zu geben.
Circe war eine interessante Erzählerin, ich habe sie am Anfang etwas unterschätzt und habe auch gebraucht, bis ich wirklich warm mit ihr wurde, aber letztendlich fand ich sie großartig. Es gab eine bestimmte Szene, die glaube ich sowohl für Circe, als auch für den Leser einschneidend war und ab dann habe ich richtig mit ihr mitgefiebert. Wollte, dass Circe ihren Platz in der Welt findet, in die sie nicht so recht zu passen scheint, es allen zeigt und sich nicht unterkriegen lässt. Circe ist in vielerlei Hinsicht ein richtiger Underdog, aber deshalb feuert man sie nur umso mehr an. Ich fand sie toll.

»Ich bin Circe« hat mich nicht so umgehauen wie gehofft, da ich ein paar Startschwierigkeiten hatte, aber je mehr ich über Circe gelesen habe, desto mehr hat ihre Geschichte mich gefesselt und ich wollte unbedingt wissen, wo sie hinführt. Letztendlich empfand ich vor allem das Ende als sehr stark und bin so mit einem richtig guten Gefühl aus dem Buch heraus gegangen.
Wer sich für griechische Mythologie generell oder Circe im besonderen interessiert, für den ist dieses Buch auf jeden Fall etwas und auch wer bisher weniger damit am Hut hatte, der bekommt durch »Ich bin Circe« einen schönen Überblick über einige Mythen und Gottheiten. Insgesamt kann ich »Ich bin Circe« also nur empfehlen. Das Buch hat seine Momente, in denen es mich weniger gefesselt hat, aber die Autorin hat es immer wieder geschafft das Ruder herumzureißen und Circe zu einer fantastischen Erzählerin gemacht, deren Geschichte ich gerne verfolgt habe.

Autor/in: Madeline Miller
Seiten: 528
Verlag: Eisele Verlag
Sprache: Deutsch || Übersetzung: Frauke Brodd
Reihe: –
Wertung: 4 Sterne
*Vielen Dank an Netgalley und den Eisele Verlag für das Rezensionsexemplar!
Liebe Katharina,
Jetzt hatten wir über die sozialen Netzwerke schon öfter Kontakt, aber ich habe mich nie einen Kommentar auf deinem Blog hinterlassen… Höchste Zeit, das zu ändern!
Ich kenne die deutsche Übersetzung von Circe nicht, muss aber sagen, dass mich das Buch im Original vollkommen aus den Latschen gehauen hat. Für mich war es das intensivste Leseerlebnis 2018 und ich glaube es war damals sogar das Goodreads Buch des Jahres. Also vielleicht entfaltet es seine Magie im Original noch ein bisschen mehr, wer weiß…
Jedenfalls finde ich so oder so, dass du einen hervorragenden Buchgeschmack hast!
Liebe Grüße,
Nico
Lieber Nico,
ich glaube auch tatsächlich, dass es ein wenig an der Übersetzung liegt. Und vielleicht war ich auch einfach nicht in der richtigen Stimmung für das Buch, denn so objektiv gesehen hätte es mir eigentlich sehr gut gefallen müssen. So konnte eigentlich hauptsächlich das Ende mich begeistern. Ich denke wenn ich irgendwann günstig an die englische Ausgabe kommen sollte werde ich das Buch noch einmal im Original lesen 🙂
Liebe Grüße,
Katharina