
»Die Schwestern von Mitford Manor« ist eines dieser Bücher, bei denen ich mich frage, warum es beinahe ein Jahr auf meinem SuB lag, obwohl es ein richtig gutes Buch war und in vielerlei Hinsicht genau das, was ich mir davon erhofft hatte.
Vielleicht ist Jessica Fellowes euch ein Begriff, wenn ihr die Serie Downton Abbey kennt – die ich liebe -, denn die Autorin ist die Nichte des Drehbuchautors der Serie und hat auch an den Büchern zur Serie mitgearbeitet. Allein deswegen war mir eigentlich schon klar, dass ich dieses Buch mögen würde, einfach weil ich die Zeit sehr gerne mag, zu der »Die Schwestern von Mitford Manor« spielt und wenn dieses Buch auch nur annähernd eine Atmosphäre wie Downton Abbey haben würde, dann kann es nur gut werden, dachte ich – und ich wurde nicht enttäuscht.

Die neunzehnjährige Louisa ist überglücklich, als sie eine Anstellung als Kindermädchen im Hause Mitford Manor erhält. Endlich kann sie ihrer schweren Vergangenheit entfliehen und schon bald freundet sie sich mit der ältesten Tochter der Mitfords, Nancy, an, die Louisa ehe diese sich versieht in die Ermittlung eines Mordfalls hineinzieht. Nancy kann nämlich nicht glauben, dass der Fall um die ermordete Krankenschwester Florence Nightingale Shore einfach so ad acta gelegt werden soll und sie ist fest entschlossen den Täter zu finden. Zusammen mit Guy, einem Bahnhofspolizisten und Nancy stürzt Louisa sich also in die Lösung des Falles.

Hach, dieses Buch! Ich habe ja eben schon gesagt, dass ich mir von der Atmosphäre her etwas in Richtung Downton Abbey gewünscht habe und genau das habe ich auch bekommen. Es war toll, wirklich.
Ich finde die 20er Jahre ohnehin eine sehr spannende Zeit und da »Die Schwestern von Mitford Manor« Anfang des Jahrzehnts spielt ist der erste Weltkrieg noch sehr präsent, da viele der männlichen Nebencharaktere im Krieg gekämpft haben und auch, weil die ermordete Florence Shore als Krankenschwester in Frankreich stationiert war. Immer wieder werden die Kapitel durch Briefe von Florence an eine Freundin unterbrochen, die zum einen die Geschichte etwas auflockern, aber auch nach und nach wichtige Infos für die Lösung des Falles liefern.
»Die Schwestern von Mitford Manor« war für mich ein Buch, das hauptsächlich von den Charakteren lebt. Zwar fand ich die Handlung, insbesondere die Lösung des Mordfalls gegen Ende, nicht uninteressant, aber die Charaktere waren es, was diese Geschichte für mich so lesenswert gemacht haben.
Abgesehen von den Briefen von Florence Shore gibt es zwei Sichten; zum einen bekommt man die Geschichte aus Louisas Sicht erzählt, aber auch Guy, der Bahnhofspolizist, kommt zu Wort und ich muss sagen so gerne ich Louisa auch mochte, Guy hat es mir noch mehr angetan. Ich habe einfach unfassbar gerne aus seiner Sicht gelesen. Er hat es nicht so ganz leicht, weil er ziemlich schlecht sieht und deshalb auch nicht im ersten Weltkrieg gekämpft hat, womit seine Brüder ihn immer aufziehen. Dazu die Stelle als Bahnhofspolizist, über die sich immer wieder lustig gemacht wird, zumal Guy selbst gerne bei der richtigen Polizei tätig wäre. Guy hat einfach ein großes Herz, wie man gleich zu Anfang des Buches merkt, und er ist neugierig und gibt nicht auf, was alles Eigenschaften waren, die ihn zu meinem Lieblingscharakter in diesem Buch haben werden lassen.
Aber auch Louisa mochte ich sehr gerne; sie hatte es bisher nicht so leicht im Leben, was man ebenfalls gleich zu Beginn feststellen darf, und die Anstellung als Kindermädchen bei den Mitfords bietet ihr eine völlig neue Perspektive für die Zukunft.
Anfangs war ich noch etwas verwirrt von den vielen Mitford Kindern, denn es gibt sechs Stück, wenn ich mich nicht verzählt habe und fast nur Mädchen, wie man sich anhand des Buchtitels denken kann, aber nach und nach konnte ich die einzelnen Kinder dann doch ganz gut auseinander halten. Für diesen Band am wichtigsten ist ohnehin Nancy, die älteste Tochter der Mitfords, die ungefähr in Louisas Alter ist, weshalb die beiden sich schnell anfreunden. Oder zumindest wird im Buch immer davon gesprochen, dass die beiden Freundinnen sind. Ich fand davon merkt man beim Lesen nicht allzu viel, was aber sicherlich auch daran liegt, dass Nancy gesellschaftlich höher gestellt ist als Louisa, was das Ganze manchmal etwas schwierig macht. Ich war nicht immer Fan von Nancy, die teilweise fast schon überheblich war und immer versucht hat erwachsener zu sein als sie eigentlich ist, aber nichtsdestotrotz hatte sie auch so ihre Momente, in denen ich Nancy wirklich gerne mochte. Vor allem fand ich auch schön zu sehen, dass Louisa sich nicht von Nancy unterbuttern lässt, wenn diese glaubt alles besser zu wissen, sondern ihr auch mal ein wenig Kontra gibt.
Während die erste Hälfte des Buches stark anfängt, dann allerdings sehr zur Ruhe kommt und ein eher gemächliches Tempo einschlägt, so wurde es in der zweiten Hälfte wieder spannender. Mir hat es wirklich Spaß gemacht Louisa und Guy bei ihren inoffiziellen Ermittlungen zu begleiten. In der Hinsicht ist »Die Schwestern von Mitford Manor« wirklich ein ganz klassischer Krimi; es werden Leute befragt, Erkenntnisse diskutiert, herumgeschnüffelt und dann werden noch mehr Leute befragt. Mir hat diese Art von Ermittlung sehr gut gefallen, einfach weil ich schon lange keinen historischen Roman mehr gelesen habe und irgendwie finde ich Ermittlungsarbeit viel spannender, wenn nichts gegoogelt oder keine Fingerabdrücke überprüft werden können oder sonst etwas.

»Die Schwestern von Mitford Manor« war für mich so ein Buch, bei dem es die Mischung macht. Mir hat der Aspekt mit dem Mordfall und den Ermittlungen gut gefallen, gleichzeitig fand ich gut, dass der Fokus nicht nur darauf lag, sondern man auch viel über die Mitfords gelernt hat, insbesondere natürlich die Kinder. Wie gesagt sind es die Charaktere, die das Buch für mich so lesenswert gemacht haben und ich freue mich schon riesig darauf Louisa und Guy im nächsten Band wiederzusehen!

Autor/in: Jessica Fellowes
Seiten: 496
Verlag: Pendo
Sprache: Deutsch | Übersetzung: Andrea Brandl
Originaltitel: The Mitford Murders
Reihe: 1 von 3 (glaube ich)
Wertung: 4 Sterne
*Vielen Dank an Netgalley und den Pendo Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplar!
Eine wirklich tolle Rezension. Ich habe ebenfalls eine Schwäche für die 20er Jahr und dann auch noch in Verbindung mit einem Mordfall? Sign me up!! Ich habe das Buch im letzten Jahr gelesen und mich sofort verliebt, in die Geschichte, die Charaktere. Ich kann es kaum erwarten, den zweiten Teil endlich zu lesen!
Und ich freue mich riesig, das Buch endlich auch mal auf ein paar mehr Blogs zu sehen … irgendwie sieht man es so selten finde ich, dabei hat es so viel mehr Aufmerksamkeit verdient!
Liebste Grüße
Ivy
Ich finde auch das Buch hätte ein wenig mehr Aufmerksamkeit verdient, es war schon ziemlich toll 😀 Habe das auch letztes Jahr irgendwie so gar nicht wirklich gesehen – oder ich folge einfach den falschen Leuten -, an deine Rezension erinnere ich mich aber auch noch, weil die so positiv war und als ich sie eben nochmal gelesen habe musste ich die ganze Zeit nicken, weil ich vieles auch so sehe 🙂
Alles Liebe,
Katharina