
Clean war so ein Buch von dem ich gar nicht wusste, dass ich es lesen wollte, bis ich bei Netgalley darüber gestolpert bin und das Cover irgendwie sehr ansprechend fand. Ich weiß gar nicht wieso, da ich Personen auf Covern eigentlich nie sonderlich gerne mag, aber in diesem Fall hat es mich irgendwie neugierig gemacht.
*In dem Sinne Danke an Netgalley und den Carlsen Verlag für das Rezensionsexemplar.
Eigentlich möchte ich zu dem Inhalt gar nicht viel sagen, denn ich glaube es ist besser, wenn man ohne vorher allzu viel zu wissen an das Buch herangeht. Clean erzählt die Geschichte von Lexi, die von ihrem Bruder in ein Therapiezentrum eingewiesen wird, nachdem sie eine Überdosis Heroin genommen hat. Der Titel ist also Programm, man begleitet Lexi auf ihrem Weg clean zu werden, wie sie widerwillig neue Freunde findet und durch einige Auf’s und Ab’s.
Wie man sich denken kann ist Clean kein Buch das spurlos an einem vorbei geht, eher im Gegenteil. Gerade zu Anfang wird man regelrecht ins kalte Wasser geschmissen und bekommt Lexi von ihrer schlechtesten Seite zu sehen. Man erlebt sie an ihrem Tiefpunkt, den sie selbst nicht einmal als solchen erkennt. Zugegeben: Nach den ersten Kapiteln habe ich gedacht, dass das Buch vielleicht doch nicht so wirklich meinen Geschmack trifft. Gerade über Lexis kalten Entzug zu lesen war unangenehm und unbequem. Juno Dawson beschönigt in diesem Buch nichts, was einerseits der Reiz des Ganzen ist, gleichzeitig natürlich aber auch nicht ohne zu lesen.
Erzählt wird Lexis Geschichte in zehn Schritten, die sie durch den Entzug begleiten, angefangen mit: Ich gebe zu, dass ich ein Probleme habe.
Und so ging es immer weiter, mit jedem Schritt merkt man, dass Lexi etwas lernt, über sich selbst und ihr Leben. Nach und nach versteht man immer mehr, warum Lexi so ist, wie sie nun einmal ist, wie sie in die Drogensucht reingerutscht ist. Je mehr ich über Lexi erfahren habe, desto mehr mochte ich sie. Ohne, dass ich es so wirklich gemerkt habe, ist sie mir ein kleines wenig ans Herz gewachsen. Nach dem Anfang hätte ich es nicht erwartet, aber das Buch war überraschend hoffnungsvoll und hat mich emotional zwar mitgenommen, aber nicht runtergezogen. Die Grundstimmung war durchaus positiv, selbst durch Lexis unschönere Momente durch und das war es, was ich an dem Buch fast am meisten gemocht habe.
So gerne ich Lexi letztendlich auch mochte, über die Nebencharaktere kann ich leider nicht dasselbe sagen. Was nicht daran liegt, dass es schlechte Nebencharaktere waren, sondern vielmehr, dass ich das Buch vor knapp zwei Wochen beendet habe – es war super warm draußen und mein Gehirn war bisher nicht fähig eine halbwegs ordentliche Rezension zusammenzuschustern, okay? – und ich kann mich an ungefähr zwei erinnern. Keine gute Quote. Es gibt einen ganzen Haufen an Personen, die Lexi in dem Therapiezentrum kennenlernt, alle mit eigenen Problemen. Juno Dawson spricht in Clean viele verschiedene Themen an, zum Beispiel leidet ein Mädchen dort unter einer Essstörung, ein anderes ist transsexuell und magersüchtig und eine weitere Person hat eine Zwangsstörung. Damit werden viele wichtige Themen kurz angerissen, aber eben auch nicht mehr als das. Ich verstehe, dass es vermutlich den Rahmen sprengen würde jedem Charakter so viel Raum zu geben, aber ich konnte mich ehrlich gesagt nicht einmal mehr an die Namen von Lexis neuen Bekanntschaften erinnern, bis auf Brady, der eine etwas größere Rolle für Lexi spielt und dessen Problem ich an dieser Stelle nicht erwähne, weil Spoiler. Das liegt zweifelsohne daran, dass ihre Krankheiten mit Abstand das prägnanteste an den Nebencharakteren waren, ansonsten sind sie recht flach geblieben und sehr austauschbar, wie ich fand.
Und da ich Brady gerade schon erwähnt habe, komme ich zu dem Punkt, der mich an der Geschichte eigentlich am meisten gestört hat und das war die Liebesgeschichte. Ich habe selten etwas an Liebesgeschichte auszusetzen. Ich mag es darüber zu lesen, wie Personen sich ineinander verlieben, ich finde das schön. Und trotzdem hätte es für mich an dieser Stelle wirklich nicht sein müssen. Lexi hat den Kopf so voll mit anderen Dingen, die sie auf die Reihe kriegen musste, dass ich teilweise das Gefühl hatte, dass Brady und sein “Problem” sie unnötig aufgehalten haben. Aber besonders das Ende fand ich einfach unrealistisch und übertrieben und total kitschig und war definitiv der Part des Buches, der mir am wenigsten gefallen hat.
Clean konnte mich in vielerlei Hinsicht nach einem holprigen Start sehr positiv überraschen. Während die Protagonistin Lexi mit der Zeit sehr sympathisch wurde, blieb ein Großteil der Nebencharaktere blass. Nichtsdestotrotz hat Lexis Geschichte mich mitgerissen und dafür gesorgt, dass ich das Buch nur einmal aus der Hand gelegen habe, bevor ich es beendet habe. Ich wollte unbedingt wissen, wie es mit Lexi weitergeht, wie ihr Weg aussieht. Clean ist keinesfalls leichte Kost, aber gleichzeitig hat es mich merkwürdigerweise mit einem guten Gefühl zurückgelassen.
Autor/in: Juno Dawson Seiten: 400 Verlag: Carlsen Originaltitel: Clean Übersetzung: Christel Kröning Wertung: 4 Sterne