
Wie ihr mittlerweile vielleicht mitbekommen habt, bin ich großer Fan von Holly Bournes Jugendbüchern. Ich habe die Spinster-Reihe und It Only Happens In The Movies regelrecht verschlungen und möchte diese Bücher jedem ans Herz legen. Umso gespannter war ich auf Bournes ersten Ausflug außerhalb des Jugendbuchbereichs und ich hatte keinerlei Zweifel, dass mir How do you like me now? gefallen würde, nicht zur Zielgruppe gehörend hin oder her. Aber was soll ich sagen? Mit dieser Erwartung lag ich (leider) etwas daneben. Weshalb erfahrt ihr gleich, aber erstmal:
Tori Bailey hat zwar mit Mitte zwanzig einen Bestseller darüber geschrieben, wie man das Beste aus seinem Leben macht, aber das heißt nicht, dass sie mit Anfang dreißig alles im Griff hat. Während um sie herum alle anfangen panisch zu heiraten, Kinder zu kriegen und sesshaft zu werden, möchte ihr Langzeitfreund Tom über solche Themen nicht einmal reden. Als dann auch noch ihre beste Freundin Dee – die Person, die Tori immer am besten verstanden hat – unerwartet schwanger wird, hat Tori das Gefühl allein zurückzubleiben. Als es also an der Zeit ist das zu verwirklichen, was sie schon so lange predigt, kommen Tori mit einem Mal Zweifel: Hat sie wirklich den Mut ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen?
Wie gesagt hatte ich hohe Erwartungen an How do you like me now? und zu Beginn war ich der festen Überzeugung, dass ich dieses Buch mögen würde. Es startet typisch Holly Bourne gewohnt witzig, die Protagonistin Tori war mir sehr sympathisch und ich hatte ein richtig gutes Gefühl bei dem Buch.
Toris Geschichte ist in neun Monate aufgeteilt, während der man sie begleitet und hier hatten wir schon eines meiner ersten – zugegeben kleinen und eher persönlichen – Probleme: Die Kapitel waren ziemlich lang.
Ich bin jemand der viel lieber kurze Kapitel und Szenen mag und ihr könnt euch vorstellen wie lang die Kapitel sind, wenn es nur neun gibt bei einem Buch mit ungefähr dreihundertsechzig Seiten. Nichtsdestotrotz bin ich durch den Anfang noch relativ schnell durchgerutscht, hatte wirklich Spaß beim Lesen, denn meistbietend trifft Holly Bourne einfach wirklich meinen Humor.
Je weiter ich allerdings gelesen habe, desto mehr hatte ich das Gefühl festzustecken. Es ging nicht voran; passierte fast gar nichts oder zumindest nichts Aufregendes. Eine gewisse Zeit lang kann man über den Alltag einer Person lesen, aber irgendwann wird es einfach langweilig. Ungefähr bei der Hälfte kam ich an den Punkt, an dem das Lesen anstrengender wurde, Tori fing an mir auf die Nerven zu gehen. Fand ich ihre Probleme und Gedanken am Anfang noch interessant, so hatte ich nach und nach genug davon immer das gleiche zu hören und damit sind wir eigentlich auch schon bei meinem größten Problem mit How do you like me now?: Ich habe (fast) keine Entwicklung bei Tori feststellen können. Erst ganz am Ende trifft sie die Entscheidung, auf die man die ganze Zeit gewartet hat und zwischendrin hätte ich sie wirklich schütteln können und gleichzeitig wollte ich sie in den Arm nehmen, weil sie mir irgendwie auch leid tat, aber meistens überwog dann doch irgendwie das Schütteln wollen.
I forget that people don’t like it when you tell the truth in person. They like the truth on TV, or written down so they can read and digest it in their own time. But when you’re truthful in person everyone acts like you’re farting on a crowded bus while eating an egg sandwich. (S. 133)
Wie immer schreibt Holly Bourne gewohnt ehrlich und während ich mit den Protagonistinnen aus ihren Jugendbüchern immer mitfühlen, mich in sie hineinversetzen konnte und mich sogar selbst in ihnen wiedergefunden habe, konnte ich das bei Tori einfach gar nicht. Vielleicht, weil sie zehn Jahre älter ist als ich. Vielleicht aber auch, weil ich sie als sehr egoistisch empfunden habe und mir ihre Selbstdarstellung nicht gefallen hat.
Holly Bourne thematisiert in How do you like me now? zum einen das Älter werden, womit Tori ein Problem hat, aber auch Social Media und die Darstellung in sozialen Medien ist ein großes Thema. Tori hat durch den Erfolg ihres Buches sehr viele Follower, denen sie sich ausschließlich von ihrer besten Seite präsentiert – logisch, denn wer möchte denn auch Bilder hochladen, auf denen er nur mittelmäßig aussieht? Tori ist sehr darauf bedacht nach außen hin als erfolgreich und möglichst perfekt wahrgenommen zu werden, versucht dabei aber auch immer ihre Ehrlichkeit nicht zu verlieren, was ich in dem Hinblick immer etwas heuchlerisch fand, dass sie zum Beispiel Sport macht, sich denkt man könnte ja ein Selfie hochladen, denn hey, man ist gut in den Tag gestartet, schaut her wie diszipliniert ich bin und sich vorher extra noch schminkt, weil Gott bewahre man zeigt sich so, wie wirklich aussieht. Dasselbe gilt für ein klein wenig Speck am Bauch und klitzekleine Falten im Gesicht. Und Gott bewahre man isst zu viel Zucker, man könnte ja einen dicken Hintern kriegen. Einerseits: Schöne Darstellung, was soziale Medien einem abverlangen und von einem erwarten, wenn man “erfolgreich” ist. Andererseits: Dieses Verhalten hat Tori nicht wirklich sympathisch gemacht, zumal sie nicht einmal den Fehler darin sieht und sich vielmehr wundert, warum Beiträge, in denen sie ehrlich (oder zumindest halbwegs ehrlich) über’s älter werden und die damit verbundenen Tücken spricht besser ankommen als ihre gestellten Bilder.
Ein weiterer Knackpunkt in How do you like me now? war, dass Tori sich in einer Beziehung befindet, in der sie nicht glücklich ist. Tori und Tom leben praktisch aneinander vorbei. Man bekommt eine Szene nach der anderen vorgesetzt, in der irgendetwas zwischen den beiden schief läuft. Die Kommunikation zwischen den beiden ist absolut katastrophal, Tori hält sich selbst absolut zurück, wenn sie mit Tom zusammen ist und das tat so weh zu lesen. Es ist nicht zu übersehen wie schlecht es Tori in dieser Beziehung geht, aber immer wieder redet sie sich ein, dass nun einmal niemand perfekt ist, dass sie es nur mehr versuchen muss, dass sie nicht so viel von dieser Beziehung verlangen darf, das eigentlich selbstverständlich sein sollte. Immer wieder denkt Tori darüber nach Tom zu verlassen, aber sie tut es einfach nicht. Immer wieder redet sie sich ein, dass sie Tom liebt, dass sie nicht alleine sein möchte und sechs Jahre nicht einfach wegwerfen mag und was, wenn der nächste nicht besser ist? Was, wenn sie nie glücklicher wird?
Alles verständlich, keine Frage. Sehr sogar. Aber es dauert einfach so so so lange, bis Tori an den Punkt kommt, wo man sie haben möchte, wo sie endlich das tut, was sie schon die ganze Zeit hätte tun sollen, weil sie genau weiß, dass etwas falsch läuft. Das ganze Buch tritt sie auf der Stelle und kommt nicht voran und kann aus ihrem alten Muster nicht ausbrechen was ja, zugegeben der Knackpunkt der Geschichte ist. Dass es schwer ist mit dreißig noch einmal von vorne anzufangen, wenn alle um dich herum fröhlich Familien gründen. Aber dass man von dieser Erkenntnis, die Tori am Ende gewinnt, praktisch überhaupt nichts hat, weil das Buch dann schlagartig vorbei ist, finde ich irgendwie etwas schade. Ich hätte viel lieber darüber gelesen wie Tori ihr Leben eigentlich in den Griff bekommt und das Leben lebt, das sie leben möchte, anstatt sich einzureden alles wäre in Ordnung, wenn es das offensichtlich nicht ist. Für mich kam Toris Erkenntnismoment einfach viel zu spät, denn zwischenzeitlich hatte ich wirklich die Lust am Buch verloren.
Fazit? Holly Bourne spricht tolle Themen an, gerade die Darstellung von sozialen Medien und was sie für einen Einfluss auf uns haben fand ich durchaus gelungen, aber nichtsdestotrotz hat mir die Umsetzung ansonsten nicht sonderlich gut gefallen, insbesondere das Gefühl nicht voranzukommen, das Gefühl, dass die Hauptperson sich überhaupt nicht weiter entwickelt.
Autor/in: Holly Bourne Seiten: 368 Verlag: Hodder & Stoughton Erscheinungsdatum: 14. Juni 2018 Sprache: Englisch Wertung: 3 Sterne
Ich kenne bislang keine Holly-Bourne-Bücher, möchte mir nächste Woche aber “Was ist schon normal?” kaufen und damit meinen Einstieg in die “Spinster Girls”-Reihe finden!
“Was ist schon normal?” habe ich letzten Monat gelesen und geliebt, in dem Sinne viel Spaß mit dem Buch 🙂